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AutorenbildSusanne Bauer

Mach dich klar

Brene Brown schreibt in ihrem Buch "dare to lead": Clear is Kind, Unclear is Unkind - auf Deutsch kann man das so übersetzen: Klarheit ist freundlich, Unklarheit ist unfreundlich.


Was hat es damit auf sich? Brene Brown bringt Beispiele, wie sie selbst und andere Führungskräfte durch klare Kommunikation schwierige Situationen gemeistert haben. Das Missverständnis, dass sie anspricht, ist der Glaubenssatz, dass man Mitarbeitende (oder Ehepartner, Familienmitglieder, etc.) schützt, indem man Klarheit vermeidet. Aber das Gegenteil ist der Fall! "Ich spreche es nicht klar aus, weil ich dich schützen will." bedeutet eigentlich nichts anderes als "Ich spreche es nicht klar aus, weil ich mich selbst schützen will. Und zwar vor emotionalen Reaktionen und der Gefahr, dass ich mich verletzlich zeigen müsste - weil ich mich unwohl fühle, Angst habe, nicht weiß, wie ich mit der Situation umgehen soll oder keine tieferliegenden Probleme aufdecken will."


Quelle: Foto von Yannis Papanastasopoulos auf Unsplash
Quelle: Foto von Yannis Papanastasopoulos auf Unsplash

Un-Klar?


Denken wir das mal an einem Beispiel durch. Ein Teammitglied fällt durch "unangenehmes" Verhalten auf. Im Team herrscht eine Kultur der Konfliktvermeidung, nach dem Motto: Es wird sich schon wieder beruhigen, wenn wir es nur lange genug aussitzen. Also spricht niemand das Verhalten direkt bei diesem Teammitglied an, die betreffende Person könnte sich ja dadurch beleidigt fühlen, mit Unverständnis oder verbal aggressiv reagieren, Vorwürfe zurückweisen oder selbst Vorwürfe bringen, sich zurückziehen und schweigen, und so weiter. Mit jedweder nicht konstruktiven Reaktion fühlen sich sowohl die Führungskraft als auch die anderen Teammitglieder überfordert. Die Teammitglieder sehen es nicht als ihre Aufgabe, den Kollegen anzusprechen. Die Führungskraft schweigt und duckt sich weg, solange es geht. Wird ein Gespräch unvermeidlich, ist die Gefahr groß, dass es unproduktiv verläuft und die eigentliche Botschaft verwaschen wird. Veränderung gibt es keine, die Hilflosigkeit der Führungskraft hat sich in selbsterfüllender Prophezeiung bewahrheitet. Die Teammitglieder können die Schuld an der Situation nun gemütlich der Führungskraft zuschieben. Das Teammitglied mit dem "unangenehmen" Verhalten bekommt kein Feedback und hat daher auch keine validen Ansatzpunkte für Veränderung. Diese Person merkt vielleicht am Verhalten der anderen, dass etwas nicht passt, wenn aber keiner was sagt, dann wird schon alles seine Ordnung haben.


Verantwortung für die Situation übernimmt niemand, obwohl alle dafür verantwortlich sind. Solche Situationen lassen sich jahrelang aufrecht erhalten und enden meist unschön - mit Flucht aus dem Team, Burnouts, Schwierigkeiten beim Nachbesetzen, in jedem Fall gibt es schlechte Nachrede und schlechte Stimmung.


Das richtige Motto: Klarheit schaffen


Klarheit hilft, solche oder ähnlich gelagerte Situationen zu entschärfen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Konkret bedeutet das, Klarheit auf mehreren Ebenen zu schaffen:


  1. Klarheit über meine eigene Haltung und Motive: Was denke ich warum über die Situation? Wodurch fühle ich mich konkret gestört?

  2. Klarheit über meine Ziele: Was genau will ich erreichen? Was muss verändert werden? Was soll bleiben?

  3. Klarheit über meine eigenen Befürchtungen und Ängste: Was fürchte ich kann passieren? Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Welche Emotionen entstehen dann bei mir?

  4. Klarheit über Teamziele: Was genau wollen wir gemeinsam erreichen? Was müssen wir dafür ändern? Was wollen wir behalten?

  5. Klarheit über Rahmenbedingungen und Zusammenarbeit: Wie wollen wir zusammenarbeiten? Was sind unsere Werte und Prinzipien als Team? Wo sind Grenzen?

  6. Klarheit in der Kommunikation: Welche Worte drücken konkret und direkt das aus, was ich sagen will? Was muss weiter ausführen oder in Kontext setzen, was muss ich weglassen?


Klarheit zu schaffen betrifft nicht nur die Führungskraft, sondern auch alle Teammitglieder. Die Führungsperson setzt idealerweise den ersten Schritt und schafft einen Rahmen, um über diese Dinge nachzudenken oder zu sprechen. Die ersten drei Punkte erfordern Selbstreflexion. Wer darin nicht geübt ist, kann sich Hilfe holen - ein vertrauter Mensch unterstützt und begleitet durch die Fragen, und verhindert, dass man sich selbst belügt oder verurteilt. Auch Coaches oder andere ausgebildete Personen bieten professionelle Unterstützung in solchen Fällen.


Die nächsten zwei Punkte (Teamziele und Rahmenbedingungen) betreffen das gesamte Team. Selbst wenn die gemeinsamen Ziele und Leitplanken für die Zusammenarbeit schon besprochen wurden, ist es hilfreich, hier nochmal drauf zu schauen, nachzuschärfen, zu ergänzen oder anzupassen. Oft halten wir es auch schlicht für selbstverständlich, dass "eh alle wissen, wie wir am besten zusammenarbeiten". Meine Erfahrung zeigt aber, dass viele Dinge eben nicht für alle gleich klar sind oder von allen in gleicher Weise verstanden werden. Sollte es noch keine Gespräche und Vereinbarungen dazu gegeben haben, dann ist jetzt der beste Zeitpunkt, um damit zu starten.


Und schließlich geht es um die Formulierung, die wird meist unterschätzt. Nachdem viele Jobs hauptsächlich aus Kommunikation bestehen, sind die meisten Menschen davon überzeugt, dass sie das Gespräch schon hinkriegen werden, immerhin hat man ja schon viele Gespräche geführt. Die Kunst dabei ist, sich auf wenige, am besten nur eine einzige Botschaft zu beschränken und dafür die passende Anzahl an Worten zu finden - nicht zu viele, um nicht zu verwässern, nicht zu wenige, um Kontext klarzumachen. Schon Goethe schrieb: "Ich schreibe dir einen langen Brief, für einen kurzen habe ich keine Zeit." Vorbereitung ist daher essentiell, besonders wenn es um Konflikte oder andere schwierige Gespräche geht.


Anderen gegenüber klar zu kommunizieren bedeutet, sie ernst zu nehmen, ihnen etwas zuzutrauen und sie als vollwertige Menschen zu betrachten. Auch wenn Klarheit schmerzen kann, ist sie doch freundlich, weil sie immer zu weiterer Kommunikation und somit besseren Beziehungen einlädt.


Wenn Sie sich für das Thema Agile Leadership begeistern, oder wenn Sie einfach mehr über die in diesem Artikel genannten Aspekte wissen wollen: In meinem Mini-Workshop "Klarheit" und dem Training "Effiziente Führung" behandle ich diese Themen umfassend und lassen viel Raum zum Üben und Diskutieren. Ich würde mich freuen, Sie dort zu treffen.



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